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Mit LEGO® Serious Play® Meetings effektiv gestalten

 Autor: Tobias Loher

Die Vernetzung der Möglichkeiten und Angebote macht unsere Welt immer dynamischer. Die Digitalisierung, die Globalisierung und neue bahnbrechende Technologien erhöhen die Komplexität im Geschäftsleben massiv. Es explodieren die Anforderungen an uns, die veränderten Zusammenhänge der Welt zu verstehen. Veraltetes Wissen nützt uns nur noch begrenzt, wirkungsvoll auf die anstehenden Herausforderungen mit ihren vielen Facetten zu reagieren. Die Zeiten, in denen einzelne Personen durch ihr Expertenwissen oder speziell angeeigneten Fähigkeiten eine Lösung herbeiführen konnten, scheinen vorbei.

Vielmehr werden immer mehr kompetente Teams gefragt sein. Diese Teams, befähigt mit Kreativität, Gemeinschaftsgeist und einer Vielfalt von Perspektiven, werden neue Wege finden, aktuelle und künftige Herausforderungen zu meistern. Die Einbindung aller im Team, sowie das gemeinsame Verständnis über den vorliegenden Sachverhalt und die notwendigen Schritte zur Problemlösung sind Aspekte der Teamarbeit, die implizit mitschwingen.

Jedoch vergisst man schnell, dass auch in der Teamarbeit gravierende Gefahren und Barrieren existieren, und dadurch ein effektives und effizientes Miteinander behindern. Unterschiedliche Ambitionen der Teammitglieder, menschliche Naturelle, sowie verborgene Rangordnungen sind Faktoren, die das Gelingen von Teamarbeit beeinflussen. Nicht zu vergessen ist hier auch der „Ringelmann-Effekt“, der besagt dass die Effizienz von Gruppen in Abhängigkeit von der Zahl ihrer Mitglieder abnimmt. Die entscheidende Frage ist folglich, wie man nun sicherstellt, dass bei der Vielzahl moderner Management Systematiken, die alle sehr stark auf Teamarbeit aufbauen, die Effektivität von Besprechungen, Lösungsfindungen oder Startegieentwicklungen nicht auf der Strecke bleiben? Hier kann LEGO® Serious Play® (LSP) eine Antwort geben. Doch was ist LSP genau? 

Die Entstehungsgeschichte

Lange Zeit wurde bei LEGO® mit den alt bekannten Business-Methoden gearbeitet. Kjeld Kirk Kristiansen, der Eigentümer von LEGO war damit sehr unzufrieden. Im Jahre 1996 gab er den Auftrag, die eingesetzten konventionellen Methoden zur Strategieentwicklung zu ersetzen. Kristiansen benötigte zu dieser Zeit einen effektiven Prozess zur innovativen Strategieentwicklung für sein Unternehmen. Etwa zur gleichen Zeit suchten auch die beiden Professoren Johan Roos und Bart Victor vom "International Institute for Management Development" (IMD) in Lausanne, nach Alternativen zur herkömmlichen strategischen Planung. In Zusammenarbeit mit Robert Rasmussen, dem damaligen Leiter der Produktentwicklung für Lego® Education, gründeten sie das Entwicklungsteam für Lego Serious Play. Der Schwede Roos brachte dabei den strategischen Hintergrund mit, Victor das Verständnis der Organisationsentwicklung und Rasmussen die Lern- und Entwicklungstheorien.

Nach fast 5 Jahren wurde der Lego Serious Play Prozess in mehreren Schleifen formalisiert und optimiert. 2002 wurde LSP dann der Öffentlichkeit vorgestellt und ist inzwischen eine offizielle Produktlinie von Lego. Seit Juni 2010 hat Lego die Prinzipien v unter einer Creative Commons Lizenz öffentlich nutzbar gemacht. Die Marke SERIOUS PLAY® bleibt auch nach dieser Öffnung geschützt und Lego regelt in einer Markenrichtlinie deren Verwendung durch Moderatoren.

Zu den Anwendern von Lego Serious Play gehören heute Großunternehmen, Start-up-Unternehmen, Behörden und auch NGOs (z. B. SOS-Kinderdörfer) im akademischen und im öffentlichen Bereich.

LEGO® Serious Play® (LSP)

Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen:  LEGO® Serious Play®  ist kein Werkzeug, sondern ein Prozess, der Innovation und Wirksamkeit verbessert. Mithilfe von vier strukturierten Schritten, die zyklisch wiederholt werden können, stellt es einen Iteration dar, bei der besonders Teams die Vorzüge des Modellierens mit LEGO® Steinen die Belange ihres Wirkungsbereichs mit der Geschäftswelt verbinden. Bevor der Prozess gestartet werden kann, sind zwei wichtige Vorbereitungen für den LSP Workshop zu treffen. Als erstes muss ein Problem und das dazugehörige Ziel für den Workshop definiert werden. Durch ein klar formuliertes Ziel können die Teilnehmer effektiv die Zeit des Workshops nutzen. Die zweite Vorbereitung ist die Ableitung detaillierter Fragen, deren Beantwortung das Team zu diesem Ziel führen wird. An folgendem Beispiel soll diese Vorbereitung veranschaulicht werden. 

Ziel des Workshops:

  • „Identifizieren Sie Produktangebote, die am ansprechendsten und profitabelsten sind“.

Detailfragen hier können sein: 

  • „Entwickeln Sie ein gemeinsames Verständnis zu den relevanten Kundengruppen“
  • „Bauen Sie Ideen für Produkte und Dienstleistungen, die den Bedürfnissen der Kundengruppen entsprechen“ 

Die im Vorfeld gut überlegten Fragen erlauben dem Moderator eine zielgerichtete Führung im Workshop und eine effektive Nutzung der Zeit. 

Der iterative Prozess

Nach einer kurzen Einführung und gegebenenfalls Bekanntmachung mit der Methode LEGO® Serious Play®, kann er im Workshop beginnen, die Detailfragen durch die Teilnehmer bearbeiten zu lassen. Das Schema zu jeder Detailfrage folgt dabei dem Kern des LEGO® Serious Play® Prozesses:

 

Aufgabe stellen - Modelle bauen - Bedeutung teilen - Reflektieren 

 

Im ersten Schritt „Aufgabe stellen“ nutzt der Moderator die vorbereiteten Detailfragen, um den Teilnehmern ihre Aufgabe oder die Problemstellung zu erörtern. Es ist darauf zu achten, dass die Fragen zwar klar formuliert sind, allerdings offen genug sind, um mögliche Antworten nicht einzuschränken. Auf die verfügbare Zeit für das Bauen des Models wird hingewiesen. Eventuell zu klärende Fragen der Teilnehmer werden vorab beantwortet. 

Direkt im Anschluss beginnt die „Modelle bauen“ Phase, in der alle Teilnehmer individuell mit den vorhandenen LEGO® Steinen ein Modell bauen, um eine eigene Antwort auf die gestellte Frage zu geben. Hierbei offenbart sich das besondere an LEGO® Serious Play®. Indem die Vielfalt der LEGO Steinen genutzt wird, um metaphorische 3-D Modelle zu bauen, können die Frage und Aspekte, die diese tangieren, beantwortet werden. 

 

 

In der Phase „Bedeutung teilen“ ist nun jeder aufgefordert, anhand des eigenen gebauten Modells, seine Antwort auf die gestellte Frage zu erzählen. Eine wichtige Regel hier ist, dass jeder erzählt und alle anderen zuhören. Es sollen alle Beteiligten begreifen, was eine Person durch ihr Modell aussagen möchte. Dies gibt auch introvertierten Menschen die Möglichkeit, ihre Gedanken zu äussern, statt wie in klassischen Meetings ungehört zu bleiben. Nachfragen der anderen Beteiligten und des Moderators, um Details des vorgestellten Modells zu verstehen, fördern ein tieferes und eindeutigeres Verstehen der Antwort.

Die abschließenden Phase „Reflektieren“ dient der Synthese. Alle Teilnehmer sind aufgefordert, aus den vorgetragenen Antworten ihre Schlüsse zu ziehen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der gebauten Modellen werden erkannt und diskutiert. Auch Verknüpfungen von individuellen Modellen zu anderen Modellen werden gezogen. So entsteht in der Gruppe ein kollektives Bild. Sofern gewünscht, kann auch ein gemeinsames Modell aus den Elementen der individuellen Modelle gebaut werden, dass eine Antwort des Teams auf die gestellte Frage abbildet. Sind für die Gesamt-Zielsetzung des Workshops weitere Aspekte zu bearbeiten, so wiederholen sich die Phasen 1-4 um weitere Fragen in der Gruppe zu beantworten und dabei ein gemeinsames Verständnis zum Sachverhalt aufzubauen. 

Kognition und Emotion

Der hier vorgestellte Prozess bezieht sich auf individual Modelle, die genutzt werden, die Gedanken der Teilnehmer begreifbar für alle Anwesenden zu machen. In einer zweiten Stufe können gemeinsame Modelle gebaut werden. Diese dienen dazu, ein gemeinsames Verständnis über Themen von gemeinsamen Interesse zu schaffen. Auf der dritten und letzten Stufe werden Systemmodelle gebaut. Diese können das Verständnis von Wechselwirkungen in dynamischen technischen und sozialen Systemen begreifbar machen. Speziell im Geschäftsumfeld, wo viele Begriffe mehrdeutig und uneindeutig sind,  rufen diese Begriffe bei unterschiedlichen Personen unterschiedliche Assoziationen hervor. 

Fazit

 

Die Vorteile mit LEGO® Steinen zu arbeiten liegen auf der Hand. Neben den schon genannten Aspekten der verbesserten Kommunikation durch „begreifbare“ LEGO® Modelle fördert die Arbeit mit den Händen auch die Kreativität. Die wissenschaftliche Grundlage von LEGO® Serious Play® ist, dass die Hände mit bis zu 80 % unserer Gehirnzellen verbunden sind. Denkprozesse in Verbindung mit körperlicher Bewegung und Empfindung führen zu einem tieferen und langanhaltenderen Verständnis der Umgebung und wirksame Möglichkeiten. Ein weiterer Vorteil ist die Visualisierung des gesprochenen Wortes anhand eines Modells. Dadurch haben die Zuhörer viel bessere Möglichkeiten den Vortragenden zu verstehen und Zusammenhänge in komplizierten Sachverhalten zu erkennen. Auf Basis des LEGO® Serious Play® Prozesses und der fundamentalen wissenschaftlichen Erkenntnissen, erschließen sich viele Einsatzbereiche. Neben dem Einsatz im Bereich Coaching und Team Building werden auch komplexere Sachverhalte in LSP Workshops behandelt. So finden sich Einsatzgebiete im Bereich Strategieentwicklung und Vision, beides Bereiche in denen die Konkretisierung des Gesprochenen durch LEGO® Modelle allen Teilnehmern eine Hilfe ist. Die Entwicklung von Ideen und Innovationen lassen sich auch anhand des LSP Prozesses gestalten. Besonders wenn Kreativität und Denken ausserhalb bekannter Denkmuster gefordert ist, eröffnet LSP bisher ungeahnte Möglichkeiten.